Alles rund um die reduzierte Mehrwertssteuer in Deutschland

Um die durch die Corona-Krise angeschlagene deutsche Wirtschaft anzukurbeln, hat die deutsche Bundesregierung vor einigen Wochen ein umfassendes Konjunkturprogramm beschlossen. Aus Verbrauchersicht war dabei vor allem die Senkung der Mehrwertsteuer interessant. Die neuen Sätze gelten seit dem 1. Juli. Grund genug, einmal einen Blick auf die Details rund um die Maßnahme der Regierung zu werfen.

Die neuen Mehrwertsteuersätze seit Juli

Bei der beschlossenen Mehrwertsteueranpassung handelt es sich um eine vorübergehende Steuersenkung. Sie gilt zunächst einmal vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020. Ab dem 1. Januar 2021 sollen dann wieder die alten Steuersätze zurückkehren. Diese lagen bisher bei 19 Prozent und wurden nun um drei Prozentpunkte auf 16 Prozent gesenkt. Betroffen sind davon praktisch alle Geschäfte, die in Deutschland abgeschlossen werden. Für den Verbraucher sind aber besonders Käufe von Waren interessant, die durch die Maßnahme günstiger werden sollen.

Neben den klassischen Mehrwertsteuersatz gibt es in Deutschland auch einen ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Dieser wird bei bestimmten Waren aus der Landwirtschaft wie zum Beispiel Lebensmitteln angewendet. Auch im Falle der ermäßigten Mehrwertsteuer hat sich der Gesetzgeber für eine Reduzierung im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 entschieden. Hier sinkt der Steuersatz aber nicht um drei, sondern um zwei Prozentpunkte von 7 Prozent auf 5 Prozent.

Keine Reduzierungspflicht für Händler

Auch wenn die Maßnahmen niedrigere Preise versprechen, sind diese nicht automatisch garantiert. Der Handel in Deutschland soll die Senkung der Steuer zwar an ihre Kunden weitergeben, es besteht jedoch keine Pflicht. Ein Anbieter kann also auch weiterhin die bisherigen Preise für seine Waren oder Dienstleistungen verlangen und die gesparten Steuern selbst auf seine Gewinnmarge aufschlagen.

Entsprechend haben Kunden auch kein Recht auf günstigere Preise, nur weil die Steuern gesunken sind. Es ist also nicht erlaubt, einfach Rechnungen selbst um die reduzierte Mehrwertsteuer zu kürzen und die geringere Summe zu bezahlen. Wer so eigenwillig vorgeht, kann mit seinen Zahlungen unter Umständen in Verzug geraten und Probleme bekommen.

Was wird günstiger?

Aufgrund der Tatsache, dass die Maßnahme nur befristet ist, sollte nicht in allen Branchen und Bereichen damit gerechnet werden, dass die geringere Mehrwertsteuer auch tatsächlich an die Kunden weitergegeben wird. Gerade aufgrund der Tatsache, dass die veränderte Preisausschreibung für Unternehmen mit viel Aufwand verbunden ist und im Gegenzug in vielen Bereichen nicht wirklich hohe Ersparnisse für die Kundschaft zu erwarten sind, dürften manche Händler darauf verzichten.

Wo in jedem Falle Preissenkungen zu erwarten sind, sind Supermärkte. Hier ist der Preiskampf so groß, dass sich die Konzerne es sich kaum erlauben können, die Steuersenkung nicht an die Kunden weiterzugeben. Auch die Bahn hat bereits ihre Preise gesenkt und damit auf die Maßnahme der Bundesregierung reagiert. Etwas anders sieht die Sache dagegen bei vielen Unternehmen im regionalen Nahverkehr aus. Ob die Preise in den kommenden Monaten geringer ausfallen, hängt stark von der Region ab.

Dagegen sind die deutschen Energieversorger verpflichtet, die Steuersenkung an ihre Kunden weiterzugeben. Allerdings sollten Verbraucher nicht damit rechnen, dass sich etwas an den monatlichen Abschlägen ändert. Diese sollen zunächst einmal gleich bleiben. Die Versorger planen, die Anpassung dann im Zuge der jährlichen Abrechnung mit einzubeziehen. Viele Mobilfunkunternehmen haben zudem ebenfalls ihre Preise für den Zeitraum bis Ende Dezember angepasst, wobei vor allem Kunden profitieren, die besonders hohe Verträge abgeschlossen haben.

Zeitpunkt kann entscheidend sein

Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrwertsteuersenkung für einen befristeten Zeitraum gilt, ist der richtige Zeitpunkt für den Kauf oder das Erbringen von Leistungen nicht zu unterschätzen. Wann die jeweilige Mehrwertsteuer gilt, hängt beispielsweise bei einem Kauf im Internet vom Versandpunkt ab. Wurde also etwas vor dem 1. Juli 2020 bestellt, das Versanddatum liegt aber danach, dann gilt auch der geringere Steuersatz.

Im Falle von Dienstleistungen ist die Sache ähnlich geregelt. Hier kommt es auf den Zeitpunkt der Durchführung an, nicht auf dem Zeitpunkt der Rechnungsstellung oder des Kostenvoranschlags. Soll also beispielsweise ein Handwerker am 3. Juli neue Fenster einbauen, dann gelten die niedrigeren Steuersätze, selbst wenn im Kostenvoranschlag zuvor noch 19 Prozent ausgewiesen wurden. Und auch wenn die Rechnung erst nach dem 31. Dezember eingeht, obwohl die Leistung in der verkürzten Phase erbracht wurde, kommt der günstigere Mehrwertsteuersatz zum Einsatz.

Dies ist besonders für sogenannte Teilleistungen relevant. Werden bestimmte anrechnungsfähige Leistungen schon erbracht, obwohl die Gesamtarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, können Kunden ebenfalls von den niedrigeren Steuern profitieren. Entsprechend kann es sich durchaus auszahlen, in den kommenden Monaten bis zum 31. Dezember schon bestimmte Arbeiten durchführen und abschließen zu lassen. Auf diese Weise profitiert man zumindest teilweise von der temporären Steuersenkung.